Zu diesem Thema besuchten über 60 Interessierte trotz winterlicher Wetter-Kapriolen am 17.01.2024 eine Informationsveranstaltung der „Rosenheimer Energiedialoge“ in der FOS/BOS Rosenheim. Björn Walz, Meteorologe aus Grafing und Naturgefahrenexperte, schilderte in seinem Vortrag „Was macht der Klimawandel mit uns?“ zunächst ungeschminkt die Faktenlage. Unter dem Titel „Was sollen wir tun?“ zeigte dann Prof. Mike Zehner, Experte für nachhaltige Energietechnik an der TH Rosenheim, Wege zur Eindämmung der Klimakrise auf.
Björn Walz stellte klar, dass eindeutig der Mensch Ende des 19. Jahrhunderts durch das Verheizen fossiler Brennstoffe eine sprunghafte Erhöhung der mittleren Temperatur auf der Erde eingeleitet hat. Die Wahrscheinlichkeit für eine Begrenzung der Erwärmung bis 2100 auf 1,5–2 Grad, wie 2015 in Paris beschlossen, beträgt nur noch wenige Prozent; ein Anstieg um über 3 Grad hat dagegen mehr als 50 % Wahrscheinlichkeit.
Schon der bisherige Anstieg um 1,3 Grad löste viele Extremwetter-Ereignisse aus: z. B. in Ligurien EU-Rekordniederschläge und in der Po-Ebene die schlimmste Dürre seit 70 Jahren, in Deutschland nicht nur die Ahrtal-Katastrophe mit vielen Toten, sondern auch in mehreren Regionen Trockenheit und Waldsterben.
Generell steigt mit der Klimaerwärmung die Zahl von Hitzetagen, von extremen Niederschlägen und von anhaltenden Wetterlagen. Der Anstieg des Meeresspiegels durch Gletscherschmelze und Wassererwärmung gefährdet weltweit die Hafenstädte. Durch Kippelemente entstehen unumkehrbare Kettenreaktionen, so beim Auftauen von Permafrost-Böden, wo das klimaschädliche Methan freigesetzt wird. Die Ökosysteme können sich an die schnelle Erwärmung nicht anpassen, man rechnet mit dem Verlust von 1 Mio. Arten bis 2030.
Speziell in Bayern und in der Region werden Frühlings- und Sommerniederschläge und damit auch die Grundwasserspiegel deutlich absinken, Extremwetterereignisse zunehmen. Wie die Forstwirtschaft mit Temperaturanstiegen von über 2 Grad zurechtkommen soll, ist völlig unklar.
Walz‘ Fazit: Die Klimakrise bedroht Milliarden Menschen, zerstört das globale Ökosystem und unsere Ernährungsgrundlage, kostet immense Summen und löst die größte Migrationswelle aller Zeiten aus. Daher sein Aufruf: „Packen wir’s an – es gibt viel zu tun!“
Prof. Mike Zehner erläuterte in seinem engagierten Vortrag, was das sein kann. Bei der Dekarbonisierung der Energie-Sektoren kommt dem Strom besondere Bedeutung zu: Er ist das Rückgrat der Energiewende, man kann daraus die Sektoren Wärme, Gas, Chemie und Verkehr bedienen.
Um Energie räumlich zu verschieben, z. B. im Winter Windstrom von Nord nach Süd, ist ein elektrischer Netzausbau nötig; gerade nach Bayern reicht die geplante Kapazität der Trassen nicht aus. Je größer der Anteil an regenerativ erzeugtem Strom ist, desto wichtiger wird ein zeitlicher Ausgleich durch Kurz- und Langzeitspeicher. Zudem brauchen wir hochflexible Kraftwerke und flexible Verbraucher.
Die wichtigsten regenerativen Energieformen in Deutschland sind Windkraft, Photovoltaik (PV), Bioenergie und Wasserkraft. Überschüssiger Strom sollte nicht abgeregelt werden, sondern z. B. in Power-to-Gas-Anlagen grünen Wasserstoff oder andere Gase erzeugen. Gasspeicher gibt es schon in ausreichendem Umfang. Grüner Wasserstoff als „Champagner der Energiewende“ sollte gezielt eingesetzt werden: für Stahlproduktion, chemische Industrie, Langstreckenflüge, Schifffahrt und saisonale Energiespeicher. Ohne Importe wird es aber nicht gehen.
Zehner zählte 15 exemplarische Trends auf, die Hoffnung machen: Nicht nur im Sektor Strom, der immer öfter zu 100% erneuerbar erzeugt wird, sondern auch im Sektor Wärme, wo der globale Wärmepumpen-Absatz rasant zunimmt; im Sektor Verkehr ist in vielen Städten ein steigender Radverkehrs-Anteil festzustellen. Besonders erfreulich: Im Bereich PV hat sich der weltweite Zubau zwischen 2004 und 2023 von 1 GW/Jahr auf 1 GW/Tag erhöht, die Gestehungskosten sind drastisch gefallen!
Viele Fragen zeigten das Interesse des Publikums an diesen wichtigen Themen. Auch die begleitende Ausstellung mit Bildern von lokalen Extremwetter-Ereignissen fand viel Aufmerksamkeit.